Olso in vier Stunden

Minikreufahrt mit der Colorline 🇳🇴

19. Juni 2016 | #reisebericht #urlaub #oslo #norwegen #colorline #kreuzfahrt #blackmetal

Täglich bietet die Colorline-Reederei eine Fahrt von Kiel nach Oslo an. Seit drei Jahren lebe ich inzwischen in Kiel und habe noch nie einen Fuß auf eine der beiden Fähren (oder im Colorline-Sprech: Kreuzfahrtschiff mit Autodeck“ – durchaus zutreffend) gesetzt. Höchste Zeit also! Ganz passend dazu stand mein Geburtstag an und so sorgte @Spitzbuebin nicht nur für eine extrem kultige Geburtstagstorte sondern auch für das passende Geschenk: Die „Minikreufahrt“.

Wieder ein Jahr älter. Wenigstens die Geburtstagstorte von @Spitzbuebin hebt die Laune (auch wenn sie (die Torte) in der Frühlingssonne ein wenig gelitten hat. 😅)!

Die Minikreuzfahrt ist schon für kleines Geld zu haben und hat gut in unseren gefüllten Kalender gepasst. Mit einem der beiden zwischen Oslo und Kiel pendelnden Schiffen geht's um 14:00 Uhr los in Richtung Norwegens Hauptstadt. Dort wird um 10:00 Uhr des Folgetags angelegt und vier Stunden später wird die Rückfahrt angetreten.

Die meisten Passagiere bleiben länger, für uns ergab sich immerhin ein knappes Zeitfenster, um Oslo zu erforschen. Außerdem nett: Ostsee und „Color Fantasy“ bieten einiges, um die Zeit an Bord zu vertreiben und beim günstigen Preis ab rund 100€ pro Person für ein Doppelzimmer (exklusive Verpflegung) kann man auch nicht meckern. Zweifler mögen den Preis mit einer Bahnfahrt über 1200 km vergleichen (aber lieber nicht die CO2-Emission). Ich berichte einfach mal ein bisschen.

Das Schiff selbst bietet alles was auch ein Hotel zu bieten hat, oben drauf kommen jedoch noch Duty-Free-Shops (preislich eher für Norweger interessant; für uns in etwa vergleichbar mit dem Späti um die Ecke), Casino, Bars und Restaurants. In Anbetracht des bombenmäßigen Wetters haben wir den Abend bis zum Sonnenuntergang jedoch einfach an Deck verbracht, das gegen Abend fast komplett leer war.

Der Morgen startete am üppigen Frühstücksbüffet, das alles zu bieten hat, was man sich wünscht. Nachdem ich also mein Geburtsgewicht in Rührei und Brötchen mit Brunost gegessen hatte ging's wieder an Deck: Die Color Fantasy war bereits ein ganzes Stück in den Oslofjord hineingefahren und langsam wurde es schwierig, noch einen guten Platz zum Sehen und Staunen an der Reling zu ergattern.

Foto, Blick von der Colorline auf den Oslofjord

Blick von der Color Fantasy über den Oslofjord.

Die Ankunft in Olso war dann weniger aufregend. Während der Dampfer anlegte, wurde in der schiffseigenen Einkaufsmeile auf großer Leinwand ein Clip über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Oslos gezeigt – ich hatte meinen persönlichen Guide aber bereits dabei. Die Innenstadt ist vom Terminal aus in rund 15 Minuten zu Fuß erreichbar, unser erster Halt war die Residenz des Königs: Recht beeindruckender Bau, umgeben von einer großflächen Parkanlage, die erfreulicherweise auch als gern genutzte Liege- und Spielwiese für Anwohner und Kindergärten dient.

Foto vom königlichen Schloss in Oslo

Das königliche Schloss von Oslo.

Von hier kann man der Karl-Johans-Straße folgen, die von historischen Gebäuden, Skulpturen und Kleinkünstlern gesäumt ist. Das norwegische Parlamentsgebäude, das Nationaltheater, die historische Feuerwache und weitere Kulturdenkmäler sind hier einen Blick wert.

Unser Ziel lag jedoch etwas außerhalb des Zentrums: Das Helvete war in den Neunzigern eine Art Keimzelle des norwegischen Black Metals: Euronymus (MAYHEM) betrieb hier für kurze Zeit einen Plattenschuppen und schuf damit einen zentralen Treffpunkt des lokalen Undergrounds, dessen Keller zeitweise sogar als Wohnung für Varg Vikernes (BURZUM) und Tomas „Samoth“ Haugen (EMPEROR) herhielt.

Der Laden überlebte nicht besonders lang, doch fast zwei Jahrzehnte später gibt es im geschichtsträchtigen Ladenlokal wieder einen Plattenladen: Neseblod Records. Früher war der große Verkaufsraum samt Keller wohl schlicht zu unwirtschaftlich. Heute ist wirklich jeder noch so kleine Winkel vollgestellt mit gebrauchten LPs, CDs, Tapes, Shirts, Patches und jeder Menge anderem Kram. Unverkäufliche Raritäten hängen an den Wänden, die Tonträger sind bestens sortiert und decken sämtliche Subgenres von Metal und Punk ab. Wer etwa den Dortmunder Idiots Records kennt, dessen Verkaufsfläche gedanklich verdoppelt und sich einen Haufen geilen Sammlerscheiß dazudenkt, kriegt eine ungefähre Vorstellung davon, wie viele tausend Kronen man hier auf den Tisch legen will.

Großartig auch: Das Kellergeschoss ist teilweise in dem Zustand der frühen Neunziger erhalten und kann besichtigt werden. Das ausliegende Gästebuch ist gut gefüllt mit Unterschriften aus aller Herren Länder. Der Laden kommt einem Pilgerort gleich. Nur irgendwie, äh, unchristlicher.

Für jeden Geschmack und auf jedem Medium etwas dabei: der Verkaufsraum. Durch diese Rumpelkammer der jüngeren Musikgeschichte geht es direkt zum … … feuchten Traum aller BM-Hartwürste

Prall gefüllte Regale und unheilige Katakomben: Neseblod Records in Oslo.

Obacht: Vor lauter Staunen vergisst man schon mal die Zeit und so war der Rückweg zum Schiff ungleich stressiger. Ein Problem scheint Norwegen nämlich genau so zu beschäftigen wie Deutschland: Investitionsstaus. Weite Teile der Altstadt gleichen einer einzigen Großbaustelle und so haben wir uns bei der Zeit für den Weg zum Anlieger erheblich verschätzt.

Einen intensiven Sprint später hatten aber auch wir uns wieder in der Kabine eingefunden. Der Rest des Nachmittags wurde wieder auf Deck verbracht und zu Abend gab es lecker Happa beim Italiener. Den Sonnenuntergang wollten wir uns erneut nicht entgehen lassen und so verbrachten wir den Abend in einer windgeschützten Ecke auf Deck, anstatt in den gut besuchten Bars rumzuhängen.

StenaLine im Oslofjord

Noch einmal den Blick vom Deck genießen: Colorline trifft StenaLine.

Viel mehr zu erzählen gibt es eigentlich nicht. Die Einfahrt nach Kiel ist natürlich nicht ganz so spannend und sicher hätte man noch einige Tage in Oslo verbringen können. Die Fahrt auf der Color Fantasy, war eine coole Erfahrung, auch wenn wir große Teile des Unterhaltungsangebots an Bord wegen des meist großartigen Wetters gar nicht in Anspruch genommen haben. Das war sicher nicht die letzte Fahrt für uns und schon gar nicht der letzte Besuch in der Hauptstadt Norwegens.

Weblinks


(Artikelfoto von Vidar Nordli-Mathisen auf Unsplash)